Pressefreiheit und Abizeitung sind immer wieder Thema. Denn es darf bei aller Freiheit das Persönlichkeitsrecht nicht außer acht gelassen werden. Die Presse berichtet mehrfach über ernste Konflikte aufgrund von Abi-Zeitungen und Abi-Büchern. Hier wird sich mit den Fragen beschäftigt, was Schüler schreiben dürfen und wie die Lehrer darauf reagieren sollten.
Mobbing ist heut zu Tage ein Thema, das auch an Schulen mittlerweile zur traurigen Normalität geworden ist. Dies spiegelt sich leider oftmals auch in der Abizeitung oder dem Abibuch wieder.
Hier werden (beispielsweise in den Personenbeschreibungen / Steckbriefen) zielstrebige Schüler zu „Strebern“ oder introvertierte Schüler zu „Außenseitern“ abgestempelt. Ob diese Äußerungen unüberlegt oder bewusst gewählt wurden, spielt für die Betroffenen letzten Endes keine Rolle und Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. Gleiches gilt für Beschimpfungen gegen Lehrkörper oder die Schule im Allgemeinen. Der Grat zwischen Kritik, Beleidigung oder gar Bloßstellung ist schmal.
Es ist zu beobachten, dass die Konflikte zunehmen und das Verhalten Betroffener extremer wird – sie schlimmsten Falls rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einleiten, eine Verleumdnungsklage anstrengen oder gar eine Strafanzeige erstatten. Eine weitere Konsequenz der Schulleitung könnte eine Unterlassungserklärung mit Verbreitungs-Verbot der Abizeitung sein oder zur Absage des Abiballs führen. Eine weitere Möglichkeit ist das Fernbleiben betroffener / wütender Lehrer von jeglichen Abitur-Feierlichkeiten. Oftmals nützen nachträgliche, offizielle Entschuldigungen wenig und der Konflikt bleibt im Raum stehen.
Dem entgegen steht das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ihr müsst natürlich nicht die Wahrheit verschweigen, aber – wie so oft – „macht der Ton die Musik“. Die Formulierung ist oftmals ausschlaggebend. Kommentare sollten darüber hinaus nicht anonym abgedruckt werden – wer auf sein Recht der freien Meinungsäußerung pocht, sollte auch den Mumm haben, offiziell zu seiner Einstellung zu stehen. Vergesst nicht: Die eigene Meinung kann man auf verschiedenste Weise äußern: Intelligent durchdachte und witzig formulierte Bemerkungen sind in jedem Fall besser als freche Beleidigungen.
Rechtlich gesehen ist es so, dass Schülerzeitungen Pressefreiheit genießen und somit keiner Zensur unterliegen. Mitunter kann das Recht der Pressefreiheit jedoch mit dem Persönlichkeitsrecht (von Lehrern / Mitschülern) kollidieren.
Falls sich jemand in seinem Persönlichkeitsrecht angegriffen fühlt, muss geprüft werden, ob die getätigten Äußerungen / Aussagen als Kritik oder Beschimpfungen zu werten sind. Es besteht somit durchaus die Möglichkeit, dass es zu einem (mitunter langwierigen) Rechtsstreit kommt.
Um Konflikte zu vermeiden, empfiehlt es sich, sowohl Lehrer, als auch Mitschüler die Zeitung Probelesen und Freigeben zu lassen. So stellt ihr sicher, dass sich niemand auf den Schlips getreten fühlt, es nicht zu vermeidendem Ärger oder zu unabsehbaren rechtlichen Folgen führt. Natürlich bedeutet das für euch einen erheblichen Mehraufwand, zudem ihr natürlich nicht verpflichtet seid.
Die Schüler der Abschlussklassen machen eine Umfrage zu den Lehrern. Die Lehrer werden mit Schulnoten zu verschiedenen Kategorien bewertet: Unterrichtsvorbereitung, Pünktlichkeit, Fachwissen, Lerneffekt, Umgang mit Schülern, Chillfaktor (wie chillig war der Unterricht), Stressfaktor (wie stressig war der Unterricht) und Spaßfaktor.
Ist es in diesem Fall rechtlich bedenklich, die Ergebnisse mit einem klaren Hinweis auf die Art der Erhebung der Daten (sinngemäß: Meinungsumfrage, KEINE objektive Studie), zu veröffentlichen? Werden dadurch Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte verletzt? Macht man sich in sonst einer Weise strafbar?
Nein, es besteht kein Risiko. Denn wenn im Rahmen einer Umfrage Wertungen abgegeben werden, wird das Persönlichkeitsrecht nicht verletzt. Strafrechtlich ist dieses Verhalten nicht relevant. Natürlich müsst ihr persönliche, beleidigende Angriffe und Beschimpfungen vermeiden – aber das versteht sich ja von selbst 😉
Schüler X möchte überhaupt nicht in der Abizeitung erwähnt werden.
Hat Schüler X das Recht dazu, die Nennung zu verweigern? Muss ich das Redaktionsteam an diese Forderung halten?
Nein, die Veröffentlichung kann das Redaktionsteam trotz Widerspruch durchsetzen.
Schüler X wird beispielsweise als schwul bezeichnet, obwohl dies nicht der Fall ist.
Kann Schüler X wegen Beleidigung oder Verleumdung eine Klage einreichen?
Eventuell ja – dies ist abhängig von der genauen Formulierung.
Bei den Umfrageergebnisse, die in der Abizeitung veröffentlicht werden sollen, kommt Schüler X unter der Kategorie „Größte Pornosammlung“ auf Platz 1. Schüler X droht mit Klage bei Veröffentlichung.
Kann Schüler X wirklich wegen Rufmord oder ähnlichem klagen? Könnte das Redaktionsteam dies verhindern, indem sie folgenden Hinweis ergänzen: „Anmerkung der Redaktion: Auf Grund der aktuellen politischen Brisanz ist anzumerken, dass dieses Abstimmungsergebnis der tatsächlichen Haltung der betreffenden Personen nicht entspricht, sondern rein spekulativ und ironisch/ als Spaß zu verstehen ist!“
Nein: Eine Klage ist nur durch Unterlassung der Veröffentlichung abzuwenden, da durch die Nennung das Persönlichkeitsrecht von Schüler X verletzt würde. Wäre die Behauptung zudem noch unzutreffend, macht sich das Redaktionsteam zusätzlich auch noch der Üblen Nachrede schuldig.